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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlicht alle vier Jahre eine neue, umfassende Studie zur Gesundheit und zum Wohlbefinden von Schülerinnen und Schülern. Die aktuelle Studie der WHO zeigt: Cybermobbing wird international zu einem immer größer werdenden Problem. Jedes sechste Schulkind in Europa ist von Cybermobbing betroffen. Während die Zahlen bei Schikanen in der Schule seit der Vorgängerstudie 2018 weitestgehend stabil geblieben sind, kommt Cybermobbing eine immer stärkere Bedeutung zu.

Die Digitalisierung im Alltag bringt nicht nur Positives mit sich. Auch die Schattenseiten wie Gewalt und digitale Aggression sowie Beleidigungen nehmen zu. In der aktuellen Studie der WHO wurden zum Thema Cybermobbing 279.000 junge Menschen in 44 Ländern befragt. Aus der Studie geht hervor, dass das Problem Cybermobbing wächst.

Lukas Pohland, Gründer und 1. Vorsitzender des Cybermobbing-Hilfe e.V., hat dieses Ergebnis befürchtet: „Das Resultat der Studie zeigt, dass Cybermobbing unter Kindern und Jugendlichen ein immer größeres und herausforderndes Problem darstellt – weltweit. Dass die Zahl bei Jungen sowie Mädchen steigt, ist erschreckend. Cybermobbing lässt sich nicht ignorieren und die Betroffenen sollten nicht mit dem Problem allein gelassen werden.“ Pohland gibt zu bedenken, dass die Dunkelziffer möglicherweise noch höher liege, da Cybermobbing immer noch mit einem großen Schamgefühl belastet sei.

Im Kern besagt die Studie, dass die Verbreitung von Cybermobbing europa- und weltweit weiter gestiegen ist und junge Menschen noch stärker betroffen waren als zuvor. Sowohl der Anteil derjenigen ist gestiegen, die sich an Cybermobbing beteiligen, als auch der Anteil der Betroffenen. Dabei haben Jungen eine stärkere Tendenz zu aggressivem Verhalten. 2018 berichteten elf Prozent der Jungen und sieben Prozent der Mädchen andere gemobbt zu haben, aktuell gaben das 14 Prozent der Jungen und neun Prozent der Mädchen an. Auch betroffen sind heute mehr junge Menschen. Statt wie 2018 noch zwölf Prozent der Jungen, sind jetzt 15 Prozent betroffen. Bei den Mädchen ist die Zahl von 13 Prozent auf 16 Prozent gestiegen.

Verbreitung von Cybermobbing steigt weltweit

Die SINUS-Jugendstudie 2023/2024 im Auftrag der BARMER hat die Verbreitung von Cybermobbing in Deutschland untersucht.  Im Vergleich kommen beide Studien zu einem ähnlichen Ergebnis: Cybermobbing hat sich in den vergangenen Jahren intensiviert und immer mehr junge Menschen sind in Kontakt mit Cybermobbing gekommen. Sei es, weil sie selbst Erfahrungen damit gemacht haben oder weil sie schon einmal mitbekommen haben, dass jemand im Internet gemobbt wurde. Aus der WHO-Studie geht hervor, dass Cybermobbing in vielen europäischen Ländern in den vergangenen Jahren ebenfalls zugenommen hat.

Das Problem Cybermobbing ist somit nicht nur in Deutschland vertreten. Europaweit und auch weltweit werden Studien zu diesem Thema durchgeführt, da das Thema grenzübergreifend aktuell ist. „Gleichzeitig zeigt sich jedoch auch deutlich, dass wir von anderen Ländern lernen können. Schon jetzt gibt es Länder, in denen Präventionsarbeit ganz klar ihre Wirkung entfaltet“, erklärt Pohland.

Für den WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Henri P. Kluge, ist der Report ein Weckruf. Kinder und Jugendliche seien zu viele Stunden täglich online und dies habe großen Einfluss auf deren Gesundheit und Wohlergehen. „Von Selbstverletzung bis zu Selbsttötung zeigt sich, wie Cyberbullying in all seinen Formen das Leben junger Menschen und ihrer Familien zerstören kann“, so der Regionaldirektor. Auch die WHO vertritt die Auffassung, dass mehr Prävention sinnvoll sei und das Problem nicht anders händelbar sein wird.

„Um den schwerwiegenden Auswirkungen von Cybermobbing entgegenzuwirken, brauche es mehr gut entwickelte Angebote zur Prävention, vor allem für Lehrkräfte, Eltern und Schülerinnen und Schüler. Die Risiken der digitalen Welt müssen ausgearbeitet werden, damit Kindern und Jugendlichen ein sicheres Umfeld geboten werden kann“, weiß Lukas Pohland. Betroffene bentöigen zudem einen schnellen und leichten Zugang zu Hilfe und Anlaufstellen, denen sie vertrauen können.

Zur Prävention von Cybermobbing hat der Cybermobbing-Hilfe e.V. ein bundesweites, pädagogisch fundiertes Schulprogramm mit dem Titel „WIR gegen Cybermobbing! Unsere Schule macht mit.“ ins Leben gerufen. Ziel dieses Programms ist es, dass Schulen aktiv gegen Cybermobbing vorgehen und so eine sichere Umgebung für Schülerinnen und Schüler schaffen. Informationen zum Schulprogramm und Möglichkeiten zur Anmeldung finden Interessierte unter: www.cybermobbing-hilfe.de/zertifizierung

Bild oben: Lukas Pohland ist 1. Vorsitzender und Gründer des Cybermobbing-Hilfe e.V. Er betrachtet die Ergebnisse der WHO-Studie mit Sorge. Foto: Oliver Nauditt